„Auf den Sport konzentrieren!" & bloß ned politisch denken (Forum)

Alrik, Sunday, 22.06.2025, 13:47 (vor 19 Tagen) @ Herbert

Asyl ist für mich nicht verhandelbar, aber Asyl bedeutet (auch für evtl. "integrierte" Kinder) halt die Rückkehr ins Heimatland. Alles andere ist halt kein Asyl mehr.

"Asyl" heißt einfach mal sowas wie "Zuflucht", und auch im ursprünglichen Art 17 steht nichts von "aber die müssen schon wieder zurück ins Heimatland". Und im Asylverfahrensgesetzgesetz (das war das Gesetz for der faktischen Abschaffung des Asylrechts) war übrigens eine Anerkennung als Asylberechtigter mit einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis verbunden. Ist ja auch logisch, kein Mensch kann wissen, wie lange die Ursachen für die Asylberechtigung fortbestehen. Insofern halte ich Deine Ansicht hier für problematisch, vor allem, wenn Du das mit dem Wort Menschlichkeit verbindest.
Auch jetzt ist im AufenthG keine Befristung für eine Aufenthaltserlaubnis bei Anerkennung des Asylgrundes genannt. Man hat halt nur mit perfidem Hintergedanken die unebfristete Aufenthaltserlaubnis aus dem Gesetz gestrichen.

Und jetzt noch mal reden wir über "Asyl" (die Broschüre) oder über "Zuwanderung" (das ist aber ein anderes Thema) und da gibt es, auch aus anderen Ländern, durchaus erprobte Lösungen.

Hier gibt es aber keine sinnvolle Regelung, und das ist ein wesentlicher Kernpunkt des Problems. Das zu lösen aber sicher nicht unsere Aufgabe (außer mit entsprechendem Wahlverhalten).

Wenn andere die Themen Asyl und Zuwanderung vermischen mag das deren Interessen (egal welchen Nutzen) aber es ist trotzdem falsch und egal war das macht, der Diskutiert bzw. Argumentiert "unfair" bzw. da bin ich dann auch irgend wann raus.

Das machen aktuell leider quasi alle, inkl. Regierungsvertretern und vor allem der Presse. Deshalb ist es schwierig diese Themen tatsächlich separat zu behandeln. Wenn Kriegsflüchtlinge, politisch Verfolgte, wirtschaftlich gezwungene Auswanderer und beruflich motivierte Einwanderer gleichermaßen als "Migranten" bezeichnet werden, sowohl in der Politik als auch in der Presse, dann kann man das nicht mehr trennen. Ich hab mir das nicht so ausgedacht, ich versuche nur die Realitität zu beschreiben.

Ganz verstehe ich das Argument aber jetzt nicht:

1. mindestens für jüdische & LGBTQI+ werden die Lebensumstände gerade wieder sichtbar schlechter -> bedeutet für mich "früher war alles besser"

Das bedeutet, dass es in den letzten Jahren & Jahrzehnten Fortschritte gab, die mit dem Erstarken der Faschisten und der Anbiederung der Unionsparteien an diese mit dem Hintern wieder Eingerissen werden. Bestes Beispiel: Das Verhalten der Bundestagspräsidentin beim Thema Pride & CSD.

2. früher war alles besser können nur AWM wirklich ernst meinen -> bedeutet für mich "früher war alles schlechter, außer für AWM"

Richtig. AWM haben in den letzten Jahrzehnten zurecht an Macht und Bedeutung verloren und sind (bzw. waren) auf dem Weg, tatsächlich die gesellschaftliche Gruppe zu sein, die sie anteilsmäßig darstellen. Und nicht über die Maßen priviligiert zu sein.

und 1. und 2. bekomme ich jetzt nicht in Einklang.

Naja, ein bisschen Mitarbeit fordere ich hier schon ein ;-) Das erste is die sehr kurzfristige negative Entwicklung, der eine lange, mühsame positive Entwicklung vorausging. Das zweite ist die Folge der langen, mühsamen positiven Entwicklung der zu Unrecht marginalisierten oder gar ausgeschlossenen gesellschaftlichen Gruppen, die natürlich der zu Unrecht privilegierten gesellschaftlichen Gruppe Macht, Einfluss und Bedeutung gekostet hat.

Ok, also sind wir schon mal gleicher Meinung, das es eine solche Broschüre nicht braucht. Mir ist aber die Lösung "jeder der integriert ist darf bleiben" irgend wie zu einfach gestrickt da dann überhaupt keine Regelung für Asyl (zum einen) und Einwanderung (für mich was anderes) mehr greifen würde.

Du musst schon aufmerksam lesen, was ich schreibe. Ich habe geschrieben, dass eine fachlich fundierte Antwort nur von den entsprechenden Fachleuten kommen kann, danach habe ich meine emotionenbasierte MEINUNG (sorry, ich dachte, das wäre ersichtlich gewesen) dazu kundgetan. Das war kein konkreter Vorschlag, wie ein Gesetz aussehen soll. Wie diese dann sinnvoll in eine entsprechenden Regelung eingearbeitet werden kann, weiß ich auch nicht. Dafür gibts die Fachleute. Ich kann nur sagen, dass die aktuellen Regelungen und Vorgehensweisen menschenverachtend sind, und ganz sicher nicht im Einklang mit dem ach so hochgehaltenen "christlichen Weltbild", das manche sogar im Vereinsnamen stehen haben, zusammen passt.

Warum, nur weil "wir" es nicht schaffen die Entscheidung bzgl. Asyl in einem annehmbaren Zeitraum zu regeln, dann ein Bleiberecht daraus werden soll erschließt sich mir nicht.

Das hängt mit zwei Dingen zusammen: praktischem Denken und vor allem Menschlichkeit. Die Menschlichkeit ist eigentlich klar ersichtlich. Wenn sich ein Verfahren über Jahre hinzieht in diesem Verfahren reihenweise Fehler gemacht werden, die die Entscheidung zu Deinen Ungunsten beeinflussen (ich habe da im Kopf, ohne das jetzt zu verifizieren, dass gut 90% der Klagen gegen Bescheide wegen Fehlern erfolgreich sind, und dass gegen eine horrend hohe Zahl der Bescheide geklagt wird), Du also teilweise über Jahre hinweg im Ugewissen bist, ob nicht am nächsten Tag der schlimmste Deiner Alpträume wahr wird, und Du entweder in ein Land, in dem Du nicht gewollt wirst (Dublin-Verfahren) oder gar in das Land, in dem Dein Fluchtgrund vermutlich immer noch existiert, zurückgeschickt wirst, dann sollte es aus dieser doch sehr kafkaesken Situation zumindest eine zeitlich bedingte Lösung geben. Denn im allerschlimmsten Fall hast Du ohne eine automatsiche zeitlich begründete Aufenthaltserlaubnis ein jahrzehntelanges Leben in Angst verbracht, in dem letztendlich die Ängste traurige Gewissheit werden. Das ist (Vorsicht drastischer, möglicherweise gar nicht so überspitzter, Vergleich) nicht ganz unähnlich dem Leben eines Verurteilten und seime tw. jahrzehntelangen Warten auf die Vollstreckung der Todesstrafe. Ja, das mit der Todesstrafe trifft sicher nur auf einen sehr geringen Teil der abgeschobenen zu (gab aber auch da einzelne Fälle, v.a. in Afghanistan), aber Du verstehst hoffentlich, was ich mit dieser Beschreibung ausdrücken will.
Und wegen praktischem Denken: da sind wir wieder bei den Sozialsystemen. Wenn jemand arbeiten darf und auch arbeitet, auch wenns nur ein sog. prekärer Job ist, dann kostet er das Sozialsystem nicht (zumindest nicht vor der Rente), sondern er trägt dazu bei. Und die Kinder machen es mglw. schon wieder so viel besser, dass sie auch in der Rente nichts mehr kosten.

Aber die Diskussion ging um die Broschüre und die braucht es nicht, also sind wir uns da zumindest einig.

Ja, sind wir erfreulicherweise.

PS: Die Diskussion geht jetzt auch um sehr viele einzelne Themen die an sich (alle, meiner Meinung nach) nicht wirklich schriftlich diskutiert werden können da es leider (oder Gott sei Dank) halt kein schwarz und weiß sondern nur hellgrau bis dunkelgrau gibt und neben dem geschriebenen Wort auch noch der Ton und weiteres, neben dem Text, wichtig ist.

Nachdem ich aber vermutlich an einem ganz anderen Ort bin, als Du, bleibt uns nichts anderes übrig. Auch schriftlich kann man diskutieren. Ganze philosophische oder auch naturwissenschaftliche Probleme wurden in der Vergangengheit in sehr langen Briefwechseln (ja, lange vor Internet und einfachem, schnellen Reisen) diskutiert und in den meisten Fällen sogar gelöst.
Zusätzlicher Vorteil: andere können mitlesen und nehmen aus den verschiedenen Argumenten, die wir hier austauschen vielleicht Erkenntnisgewinne mit.


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