Bericht vom "fremdgehen" in Stuttgart (Forum)

BlueMagic, Sunday, 16.04.2023, 18:23 (vor 348 Tagen)

Meine Frau war gestern in Stuttgart auf einer Messe und ich hatte den Tag dort zur freien Verfügung. Und dann bin ich bei der Hinfahrt auf die Idee gekommen doch mal zu schauen, was fußballmäßig läuft.
VFB-BVB schien mir dann doch einigermaßen attraktiv zu sein. Obwohl mir klar war, dass das ausverkauft ist, habe ich erstmal vorsichtshalber auf der VFB-HP gekuckt, ob es evtl. Rückläufer-Tickets gibt. Fehlanzeige. Dafür bekomme ich jetzt auch noch VFB-Merchandise-Werbung auf mein Handy. Der VFB-Shop am HBF hatte natürlich auch kein Ticket mehr.
Na dann halt alle Schal- und Trikotträger in der Stadt anquatschen. Der 6. oder 7. Versuch war dann schon erfolgreich. Eine Gruppe Gelb-Schwarze aus Karlsruhe. Hat doch einer für mich in deren Whatsapp-Gruppe nachgefragt und schwupps hatte ich gegen altmodische Barzahlung ein pdf-Ticket für den BVB-Block zum Normalpreis von 39 € auf dem Handy. So geht Zusammenhalt von Fußballfans!
Wollte dann noch die mitgeschleppte Photo-Ausrüstung meiner Frau in einem Schließfach deponieren um Probleme am Stadion-Einlass zu vermeiden. Der Spaß hat mich etwa 4.000 Schritte gekostet. Da der HBF dort bekanntlich eine einzige Baustelle ist, muss man von der U-Bahn (was eigentlich ja nur eine teilweise unterirdisch fahrende Straßenbahn ist) zu den Gleisen durch einen ewig langen Baustellentunnel laufen, in dem einem permanent mitgeteilt wird, wie toll und schnell doch alles ein wird, wenn es denn mal fertig ist. Einen geplanten Fertigstellungstermin habe ich nicht gesehen. An der ersten Schließfächerwand angekommen, der große Frust. Die drei nicht besetzten Schließfächer funktionierten nicht. Ein netter Herr hat mich dann darauf hingewiesen, dass es beim Gleis 3 auch noch Schließfächer gibt. Also nochmal 5 Minuten zu Gleis 3 laufen. Hat dann letztendlich noch geklappt.
Dann zurück zur Pseudo-U-Bahn und raus nach Cannstatt. Es war inzwischen kurz vor 14 Uhr. Dann bin ich einfach den ganzen Menschen hinterher gelaufen und dachte ich kann dann einfach zum Eingang Gästeblock laufen. An einem Stand noch was zum Trinken gekauft und dann den Schildern zum Block 65b hinterher. Leider hörten die irgendwann auf. Also die erstbeste Uniformierte nach dem Gästeblock gefragt. Fragendes Gesicht..., wendet sich an den Kollegen. Der meinte dann: da vorne runter (vom Stadion weg :-( ) um die Halle herum (ich glaub es war die Schleyer-Halle) und dann wieder hoch..., weitere 1.000 Schritte Umweg. Unterwegs musste ich noch einen Uniformierten nach dem Weg fragen. Irgendwann bin ich dann an den BVB-Fanbussen entlang gelaufen und habe den ganz schmalen Gästefan-Eingang auf der gegenüberliegenden Seite des Stadions gefunden. Habe mich gefragt, ob die Gästefans bei uns auch dermaßen durch die Landschaft geschickt werden. Vielleicht will man sie ja müde machen.
Der Platz war richtig gut: 1. Reihe im Oberrang. Unter mir in der Ecke der Stimmungskern. Über und neben mir in etwa das Stehhallen-Publikum. Vielleicht sogar einen Ticken jünger und support-affiner als die heutige Stehhalle.
Das Spiel war den echt gut. Vor allem, wenn man grs. emotional nicht so dabei ist wie bei Sechzig. Obwohl meine Sympathie (sorry TomTom) dann doch eher den Dortmundern galt, weil ich -vermutlich vergebens- davon träume, dass die Seitenstraßler mal ein Jahr nicht auf den Marienplatz dürfen (müssen). In den ersten gut 20 Minuten habe ich mich gefragt, wo da zwischen dem Vorletzten und dem Zweiten ein Unterschied ist. Bis dann die zwei BVB-Tore gefallen sind. Da hat man dann halt gesehen, dass die Dortmunder einfach die cooleren Stürmer haben, die die Dinger rein machen können. VFB zwar gleichwertig, aber halt kein Tor. Eigentlich dachte ich dann bei der berechtigten Gelb-roten für die Stuttgarter, dass es jetzt langweilig wird, weil die Dortmunder das jetzt souverän heimschaukeln. Die Stimmung im BVB-Block war übrigens recht gut. Neben dem üblichen Ultra-Lalala, das ich auch von uns kenne, auch zwei, drei spezifische BVB-Songs. Vermute sowas wie "mit Leib und Seele" oder Löwenmut. Von den Stuttgartern habe ich den Support nur gesehen (das übliche Fahnengeschwenke und teilweise Hüpfen) weil es um mich herum dauernd Dortmund-lalalaut war.
In der 2. HZ hatten die Dortmunder dann ein paar Groß-Chancen. Da hätten sie den Sack zu machen müssen. Haben sie aber nicht und die Strafe kam bei Fuß. Der erste "Anschlusstreffer" wurde vom Videoassistenten noch aberkannt. Das habe ich noch kapiert. Beim echten Anschlusstreffer habe ich mich dann ziemlich blamiert. Da stehen die Dortmunder beim Anstoßpunkt und warten und warten...., ich frage meinen Nachbarn, was jetzt los ist. Er schaut mich nur an und schüttelt den Kopf. Irgendwann geht es dann weiter. Die haben auf die "Freigabe" vom Videobeweis gewartet. Nachdem ich ja nur Sechzig in der 3. Liga live anschaue und auch keine anderen Fußballspiele im TV (pay-TV-Boykott) mehr verfolge, kenne ich diese Video-Beweis-Verzögerungen nicht. Was dazu gelernt.
Und dann hat mich das Ganze doch sehr an Sechzig erinnert. Machen die Stuttgarter den Ausgleich. Danach habe ich das erste Mal auch Stuttgart-Support akustisch gehört. Und dann fällt in der Nachspielzeit der erneute Führungstreffer für den BVB und die Dortmunder feiern völlig euphorisch schon die Meisterschaft (das 1:1-Endergebnis in München war schon bekannt).
Tja und dann lassen die sich in der 90. + 7. noch den Ausgleich reinhauen. Könnte echt bei uns gewesen sein.
Fazit: Wenn man solche Spiele gegen einen Abstiegskandidaten (der nicht so gespielt hat) nicht gewinnt, wird man völlig verdient auch nicht Meister.
Also muss ich vermutlich noch länger vom Seitenstraßler-freien Marienplatz träumen.

Rückreise zur Stuttgarter Messe hat dann wieder eine Ewigkeit gedauert. Spielende gegen 17:30 wegen der vielen Verzögerungen (auch Videobeweise). Dann ewiger Fußmarsch zum Bahnhof Cannstatt, weil ich dachte, das könnte näher sein als die Straßenbahn. War ein Fehler. Der Weg dürfte mehr als 3x so weit sein, wie vom Sechzger zur Silberhornstr.
Die einfahrende S-Bahn war dann proppevoll mit Fans. Offenbar gibt es noch einen anderen S-Bahnhof in Stadionnähe der strategisch besser gewesen wäre, weil man in eine leere S-Bahn einsteigen kann. Sardinendose war ein Dreck gegen diese S-Bahn...
Wenigstens nur eine Station zum Hauptbahnhof. Und dann dachte ich, dass die S-Bahn-Station HBF näher an den Gleisen ist als die U-Bahn. Von wegen. Musste den gleichen ätzenden Bauzaunweg nochmal hin und zurück laufen um im Schließfach bei Gleis 3 die Fototasche zu holen. Dann mit der U-(Straßen-)bahn wieder raus zur Messe. Auch mit einem etwa 20 minütigen Fußweg zum WoMo-Stellplatz verbunden. Somit war ich dann knapp 2 Stunden nach Spielende auch schon wieder am Camper. Über 20.000 Schritte an diesem Tag. Über Bewegungsmangel kann ich nicht klagen. Aber der Stuttgarter ÖPNV ist im Vergleich zu München eine gefühlte Katastrophe. Kann verstehen, dass die Stuttgarter sich gegen dieses jahrelange Baustellendesaster so gewehrt haben. Hoffentlich wird es denn danach wirklich besser.


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion