Fußball mal woanders: (Forum)

Kraiburger, Friday, 23.05.2014, 09:44 (vor 3632 Tagen)

Ich hab mir gleich zu Jahresbeginn die Brückentage rausgepickt und versucht irgendwo hin zu kommen. Am besten relativ günstig.
Für das lange Wochenende rund um den ersten Mai fiel mir dabei ein Flug nach Malaga auf, Hin mit vueling für 65 Euro und zurück mit norwegian für 20 Euro. Erst nach dem buchen hab ich mich überlegt was ich dort überhaupt machen sollte.
Etwa 2 Busstunden entfernt von Malaga liegt die britische Enklave Gibraltar, in die ich dann Donnerstag Abend gefahren bin. Gibraltar ist seit 2013 UEFA-Mitglied und darf mit seinen Mannschaften auch in der UEFA-Cup/Champions-League-Qualifikation mitspielen, bzw auch versuchen, sich für die EM2016 in Frankreich zu qualifizieren. Zufälligerweise ist Gibraltar gleich in die deutsche Gruppe gelost worden. Das Spiel gegen Deutschland im Juni 15 wird aber nicht in Gibraltar ausgetragen, sondern im 400km entfernten portugiesischen Varo. In Gibraltar war ich also erstmal etwas Sightseeing (Affen, Felsen und britische Pubs) und hab mir dann abends den letzten Spieltag angesehen. Da "das Land" nur ein einziges Fußballstadion hat, dafür aber eine Liga von 8 Mannschaften, spielen die alle im selben Stadion. Und zwar hintereinander. Ich hab mir das Freitagabend-Spiel Glacis United gegen FC Lynx (0:2) angesehen, muss aber zugeben dass ich aufgrund der Pub-Besuche am nachmittag nicht mehr viel mitbekommen habe. In der Stadionwirtschaft bin ich gleich von einem netten älteren Herrn auf ein paar Drinks eingeladen worden. Der nette ältere Herr hat sich als eingefleischter Fan von WestHam herausgestellt und ist gleichzeitig Präsident der Gibraltar FA. Er ist also schuld dass Gibraltar da jetzt mitspielt. Mit dem bin ich dann versumpft. Das Spiel selbst hat keinen Eintritt gekostet, es gab keine Fanartikel und nix zum Essen. Es waren 45 Fans im Stadion.
Da ich im spanischen Nachbarort Linea de Conception geschlafen habe, musste ich in betrunkenen Zustand nochmal über die Landesgrenze Spanien-Vereinigtes Königreich latschen, welche eigentlich aus der Landebahn des Flughafens Gibraltar besteht. Strange -

Von Gibraltar hab ich dann alles gesehen, also bin ich am nächsten Tag (Samstag) mit der Fähre (1 Stunden, 15 Minuten, 69 Euro Hin+zurück) nach Ceuta, der spanischen Enklave im NOrden Marokkos. Die Enklave ist vor allem von seinen ganzen Flüchtlingsdramen bekannt, weil sie eine der beiden bestehenden Landesgrenzen zwischen Europa und Afrika ist, die man zu Fuß überqueren kann. Bei strenger Afrika-Hitze ist das Gewühl an der Grenze auch nicht wirklich angenehm, und die Meterhohen Zäune auch eher beklemmend. Direkt nach dem Verlassen Europas sind auch die ersten Zeltdörfer zu sehen, ausserdem stehen Hunderte weiß-blaue 80er-Jahre-Mercedes in der Gegend herum, sog. Colletivos. Die fahren erst, wenn sie voll besetzt sind, also mit 7 Mann. Ich hab mir so ein Ding dann geschnappt und bin für 12 Euro ins 40km entfernte Tetouan gefahren, hab mich dort in der Medina verlaufen, schön marrokanisch gegessen, einer christlichen Prozession und einer muslimischen Beerdigung zugesehen, hab mich von einem religiösen Priester vollabern lassen - ganz einfach den cultural clash, den ich mal wieder gebraucht habe. Sicherheitshalber habe ich mir noch schnell ein Ticket für 3 Euro fürs Spiel am nächsten Tag geholt. Die Übernachtung in Tetouan lag bei 15 Euro.


Also: Nächster Tag war der Anpfiff von Moghreb Tetouan gegen Khourigba für 13:30 Uhr - also vollste Mittagshitze - angesetzt. Das Stadion war mit etwa 13.000 Leuten gut gefüllt. Moghreb in rot-weiß war zu diesem Zeitpunkt 3 Spieltage vor Schluss mit 6 Punkten vor dem zweiten Raja Casablanca. Im STadion gibt es zwei Ultra-Kurven, eine auf der Gegengeraden und eine in der Hintertortribüne. Die Leute gingen alle trotz dem fehlenden Alkoholausschank ziemlich ab, am SChluss drehte das ganze STadion ziemlich ab. Es ging ja auch um die Meisterschaft. Ich hab allerdings keines der Fangesänge verstanden. Und auch warum das Spiel plötzlich um eine Stunde verschoben wurde konnte mir keiner erklären, da ich zwar deutsch, englisch, spanisch und französisch verstehe, mein arabisch aber schon etwas eingeschlafen ist. Ich hatte mich dazu entschieden mich da hin zu stellen, wo viele Väter mit ihren Söhnen standen. Das erschien mir soweit am sichersten. Auf alle Fälle habe ich einen Mörder Sonnenbrand mit heim gezogen. Die ganzen im sTadion haben sich ziemlich in TRance gesungen, evtl war auch was in den Kürbiskernen drin. Ich weiß es nicht, will sowas aber auch mal haben. Bei den beiden Toren wurde etwas gezündelt, allerdings wurde das kaum wahrgenommen, offensichtlich wegen des Sommerwetters. Im Innenraum des Stadions lief dauernd ein einzelner Inspector rum, der mit einem mahnenden Zeigefinger die Ultras - deren Vorsänger von der Tartanbahn aus agierten - im Griff hatte. Im zuschauerbereich selber waren haufenweise Polizisten und Sicherheitsleute, die aber nicht weiter auffielen. Moghreb Tetouan gewann das Spiel also 2:0 und war weiterhin 6 Punkte vor dem Rekordmeister Raja Casablanca. Allerding gewann Raja mittlerweile sein NAchholspiel, und besiegte MAT am vorletzten Spieltag glatt mit 5:0, sodass Mogreb nun nur noch zweiter ist.

Zurück ging es mit dem Taxi die 40km wieder bis zur Landesgrenze Afrika-Europa, wo mir glatt jemand den Reisepass klauen wollte. Abfahrt in Tetouan hatte ich um 17:25, und die Fähre in Ceuta ging um 20 Uhr. Sollte normalweise zu schaffen sein, weil es nur 40km sind. Allerdings war ich wegen der Grenzsituation, der STunde Zeitverschiebung und der Wartezeit auf der Fähre wirklich erst um 7 Minuten vor Abfahrt und hab tatsächlich etwas geschwitzt.

Sollte jemand Bock auf eine größere Fußballtour in Marokko haben, dann hätte ich evtl Bock mich anzuschließen. Interessant wären auf jeden Fall die Club-Weltmeisterschaft, ua mit dem Champions League Sieger aus Madrid und dem Sieger der Copa Libertadores (evtl San Lorenzo aus Buenos Aires), welche diesen Dezember in Casablanca und Agadir ausgespielt wird, sowie die Afrikameisteschaft in Casablanca, Rabat, Agadir und Tangier im Januar/Februar 2015.


Gibraltar:
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Marokko:
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