Theaterkritik 2012 (Forum)
Bereits zum 44.mal zeigte die Untergiesinger Laienschauspielgruppe "Greawoida" am gestrigen Abend ihr bewährtes und altbekanntes Programm "Delegiertenversammlung".
Das aus alten Aufführungen bekannte System, nicht wie in herkömlichen Theateraufführungen Zuschauer Eintritt bezahlen zu lassen, sondern ausgewählten Kunden Freigetränke und Essen zu spendieren um diesem Schauspiel beizuwohnen scheint sich nicht mehr zu bewähren, wie die rückläufigen Besucherzahlen verdeutlichen. Bereits offen wird daher über eine Reform der Besuscherstruktur diskutiert. Interessant: Die Autoren planen, diese Reform in einem eigenen Theaterstück zu verwursten!
Zur Handlung: Der alternde Autoverkäufer Dieter Schneider (gespielt vom Dachauer Geschäftsmann Dieter Schneider) hat im Vorjahr einen Fußballverein an einen arabischen Immobilienhai verkauft. Die Folgen dieses Verkaufs waren ihm dabei nicht vorherzusehen und sollten nun Gegenstand dieser Theateraufführung werden. Der Immobilienhai selbst war als Darsteller nicht eingeplant, sondern wurde stets als "der Investor", der wie ein Damoklesschwert über der Hauptschauspielzeit hing, quasi aus den off präsentiert. Zu den Folgen des Verkaufs überlegten sich die Autoren interessante und sozialkritische Themen wie "Stadionbau", "Jugendinternat", "Gemeinnützigkeit", "geile Schweden" und "Markenrechte", mit welchen sich der Autoverkäufer offensichtlich im vergangenen Jahr herumschlagen musste.
Dem Autoverkäufer zur Seite gestellt wurde der smarte Businessman Robert Schäfer (gespielt vom ehemaligen Eintrittskartenverkäufer Robert Schäfer), dem die Rolle des Bindegliedes zwischen dem Autoverkäufer und dem Damoklesschwert zugeschrieben wurde. Robert Schäfer spielte seine Rolle bereits zum zweiten Mal überzeugend und der Anforderung entsprechend sehr aufdringlich, aber nie energisch genug, um sich angreifbar machen zu können.
Weitere Nebenrollen erhielten "Schatzmeister Wolfgang Hauner" (der in früheren Episonden bereits in den Rollen "Abteilungsleiter", "Vizepräsident" und "Rundumschläger" brillierte) sowie der bühnenerfahrene Marketingexperte "Aufsichtsratsvorsitzende Otto Steiner".
Während die Handlung und die Rollenverteilung zu Beginn noch klar und strukturiert waren, verspinnten sich die Charaktäre mit laufender Spieldauer immer mehr in undurchdachte Verwicklungen, welche es den Besuchern schwer machten, der Intention der Darsteller zu folgen.
Bewährte Besucher der Schauspielgruppe meldeten indess, dass ausgerechnet diese Ungereimtheiten und fehlenden Kausalzusammenhänge den Reiz dieses interaktiven Schauspiels ausmachten, weshalb es unumgänglich wäre, diese Gruppe auch in Form einer Besucherreform mehreren Interessenten Zugang zu gewähren!
Wie gewohnt endete somit der erste Teil des Stücks mit einem "Open End", der bei den Besuchern viele Fragen offen lies.
Im Teil 2 des Stücks, des sogenannten "Singspiels", traten nun 8 Schauspieler auf die Bühne, offiziell um sich vorzustellen. Hierbei taten sich vor allem der bereits erwähnte "Aufsichtsratschef Otto Steiner", wie auch die Nockherbergerfahrenen Doubles des ehemaligen Ministers Siegfried Schneider und des Münchener Bürgermeisters Hep Monatseder positiv hervor. Die Autoren bewiesen mit dieser Episode einen besonderen Humor: Man müsse sich nur mal vorstellen, dass sich zB bei einer "echten" Wahl politikerfahrene und bewährte Kandidaten auf die Bühne stellen und sich vor einer Horde Fußballfans präsentieren, weil sie Angst vor einer Wahlniederlage hätten... Unserer Meinung nach schoss diese Persiflage somit etwas über das Ziel hinaus, da diese Konstellation zu unvorstellbar ist.
Im Anschluss an das Singspiel folgten einige Fastenpredigten von Besuchern, dessen Pfeile aber von den Schauspielern mit gekonntem Augenzwinkern abgetropft werden konnten. Der Jung-Autor "Jürgen (sic. SZ) Beer" kündigte in diesem Abschnitt auch die bereits erwähnte nächste Aufführung mit dem Titel "Besucherreform" im kommenden Frühjahr an. Besonderes Augenmerk erhielt der unterhaltsame Beitrag von Joachim S, in dessen Zuge die amüsant wirkende Aussage bestätigt wurde, dass der Verein, um den es ging, keine finanziellen Einnahmen mehr an den eigenen Fanartikelt hatte. Gekonnt zogen die Darsteller hier aber mit Verweis auf die Werbewirksamkeit den Kopf aus der Schlinge!
Eine Aufführung der Laienschauspielgruppe "Greawoidia" ist nur mit der traditionellen Episode "Wahlen" komplett, die gewohnheitsgemäß unstrukturiert und mit vielen Emotionen bei den Besuchern interaktiv geführt wird. Auch heuer ließen sich die Autoren nicht lumpen und zeigten mit urbayerischem Elan und Witz viel Improvisationstalent. So zB wurde ein Wahlergebniss aufgrund angeblicher Irritationen erst gar nicht genannt, sondern so lange die angebliche Zahl der Wähler erhöht - und die Gegenstimmen gezählt - wurden, bis das für die Aussendarstellung notwendige Ergebniss präsentiert werden konnte. In mehreren Ausführungen blieb den Besuchern die Struktur der sog. "Wahlen" erneut weiter im Verborgenen!
Mit einem Schlussakkord bedankte sich der Darsteller Dieter Schneider zum Ende noch einmal bei allen Besuchern und lud erneut zur nächsten Aufführung im Frühjahr ein.
Uns hier bleibt zu hoffen, dass die angedachte Besucherreform ihr Ziel nicht verfehlt, und die Laienschauspielgruppe ab dann auch größeren Besuchergruppen zugänglich gemacht werden kann. Den Darstellern, die mit viel Tatendrang und Elan an ihre Rollen heran getreten waren, bleibt dies auf jeden Fall zu wünschen!

