Türkei 1987 (Forum)

Celtic*, Friday, 27.07.2012, 17:33 (vor 4891 Tagen)

Nachdem dem Kraiburger mein Reisebericht "Marokko" anscheinend recht gut gefallen hat, wiederhole ich hier auch noch en Türkei-Bericht vom Jahr davor.

Im Gegensatz zur ISF habe ich die Berichte halt bei mir gespeichert, auch die, die in dieser unübersichtlichen Bar verlorengegangen sind. ;-)

Wie wir einst in die Türkei gefahren sind (1987)

Alles, was damals in Europa erreichbar war, haben wir fünf (mit wechselnder Besetzung) mit geliehenen VW-Bussen schon bereist. Südfrankreich, Ungarn, Sizilien. Jetzt wollten wir in die Türkei. Schwierig! Der größte Teil der Türkei liegt in Asien. Da gilt die grüne Versicherungskarte nicht, und deswegen war VW-Bus-Mieten nicht drin. Was mach ma? Griechenland wäre auch was, aber wir wollten in die Türkei! Als wir uns das nächste Mal getroffen haben, sagte der Pit, er hätte ein Vehikel gesehen, das wir kaufen könnten. Wir sind also zum vertrauenswürdigen Händler in der Wasserburger Landstraße und haben das Gefährt für 7.000 DM gekauft.

Ein ehemaliger Lieferwagen einer Wäscherei, den ein Zwischenbesitzer schon ziemlich weit zum Wohnmobil umgebaut, aber noch nicht als solches zugelassen hat. Also haben wir gearbeitet. Ein Gasherd braucht Gas! Anlage eingebaut, zum TÜV. Eine Watschn haben wir gekriegt! Abgasrohr falsch verlegt. Und es fehlen Gurte oder Haltegriffe (!) für die, die hinten sitzen. Außerdem war der Einstieg zu hoch. Unser Einwand, dass wir jung und knackig sind (war damals so), hat nicht gezählt. Also wieder ein Rohr verlegt (diesmal richtig), Bushaltegriffe besorgt, und einen Einstieg in Form eines umgedrehten Wäschekorbs (aber es war das Zeichen des TÜV Rheinland drauf). Am Auto festmachen ging nicht, weil genau unterm Einstieg der Tank war. Den TÜV haben wir gekriegt!!! Für die Versicherung war der Wolfgang zuständig, weil der bei der BV war. Schön war die Anhängerkupplung. Da konnten wir nämlich einen Anhänger für die Enduro von Pit festmachen.

Also auf in die Türkei! Auf dem Landweg geht es über Holzkirchen, Österreich, das damalige Jugoslawien, und für uns erst in die Nähe von Saloniki. Ein schöner Camping-Platz mit einem wunderbaren griechischen Bauernsalat und Domestika empfing uns. Wir befürchteten noch, das war der letzte Alkohol, den wir kriegen. Weit gefehlt! Weiter ging die Fahrt Richtung Konstantinoupolis, wie Istanbul in Griechenland tatsächlich ausgeschildert war. Die Grenze zwischen Griechenland und der Türkei erschien uns sehr bizarr. Der Grieche winkt dich durch, dann fährst du durch ein Wasserbad, dann über eine Brücke, auf der dir eine türkische Einheit im Gleichschritt entgegen kommt. Der Günter hat gerade noch rechtzeitig nach links geschwenkt und ist an den erleichterten Gesichtern vorbeigebrettert. Dann der Empfang auf der türkischen Seite. Riesenparkplatz, kleines Büro. Es hat etwas gedauert, dann hatten wir unsere Stempel und konnten weiterfahren. Wir haben Istanbul südlich umgangen und sind bei den Dardanellen, wo im Ersten Weltkrieg hunderte Australier und Neuseeländer für England „gefallen“ sind, Europa mit einer Fähre (Sicherheitsstufe „Gähd grod no“) verlassen und sind in Asien angelangt.

Hunger hatten wir und sind erstmals in der Türkei eingekehrt. Eine Speisekarte hatte der Ober nicht, aber einen Rundgang durch die Küche. Und da konnte man sich das Essen zusammenstellen. So was hatten wir noch öfter (aber nicht in größeren Städten).

Unweit der Stelle, wo wir asiatischen Boden betraten (grüne Versicherungskarte hahaha!), lag Troja. Viele Jahre lang hat man es gesucht, wir haben es sofort gefunden. Da stehen doch Wegweiser! Die Ausgrabungsstätte war damals noch recht dürftig. Weiter nach Izmir!

Dem Verkehrsgewirr in Izmir wird man nur Herr, wenn man sich traut, so zu fahren wie die Hiesigen. Ich habe mich getraut und es ist solange gut gegangen, bis ich zwischen einem Bus von rechts und einem Kleinlaster von links eingeklemmt war. Wirklich eingeklemmt. Alle sind stehengeblieben und haben sich ruckerlweise nach vorne und hinten so wegbewegt, dass keinem Auto was passiert ist. Von da an musste ich auf Geheiß meiner Mitreisenden defensiver fahren. Das hat dann halt auch gedauert…

Kurz nach dem wir Izmir hinter uns gelassen hatten, wurden wir von einem merkwürdigen Geräusch unter dem Auto aufgeschreckt. Wir haben angehalten und festgestellt, dass das Auspuffrohr abgebrochen ist und auf der Straße schleift. Also haben wir das Ding ganz abgemacht, ins Auto gelegt und sind zurück in die Außenbezirke von Izmir. Dort ist eine Auspuffwerkstatt nach der anderen und wir haben uns das Gerät für umgerechnet weniger als 2 Mark wieder anlöten lassen. Es hat den Rest der Reise gehalten.

Jedenfalls sind wir die türkische Küste entlang gefahren, an Buchten vorbei, wo man von der Straße 30 Meter über dem Meer Fische im Meer sehen konnte. Wir wären gerne hineingesprungen, wollten aber unbedingt noch nach Halikarnassos und Ephesus. Von Halikarnassos, wo das Grab des König Mausolos, eines der sieben Weltwunder gewesen sein soll, ist mir der Campingplatz in besserer Erinnerung. Wir haben gut gespeist, der Ober, mit dem wir uns gut auf Englisch verständigen konnten, sagte uns, wir sollen ein paar Brocken Türkisch lernen. Und zwar jeder von uns fünf ein paar andere. Genial und einfach. Er hat uns gleich die wichtigsten beigebracht und uns zu einer „Party“ am Strand eingeladen. Mit Zicklein vom Spieß. Wir sind rechtzeitig erschienen. Wir fünf Bayern, zwei Australier und viele Einheimische. Und ein Zicklein und Wein und lustig wars. Musiker mit selbstgebauten Instrumenten spielten auf und es wurde gebauchtanzt. Bayern und Australier beim Bauchtanz. Genauso sah es anscheinend aus, als ein Hiesiger meinte, so wie der da, so geht’s. „Der da“ war unser Wolfgang. Der Raki machte die Runde und irgendwann ging man ins Bett. Das Bett war das Auto (für maximal drei Personen) und das Zweimannzelt für zwei (logischerweise). Irgendwann ging die Hecktüre auf und der Wolfgang knallte zwischen mich und den Günter. Schnarch, weg!

Am nächsten Morgen war der Pit vermisst, tauchte aber im selben Moment auf. Er hat auf den Stufen zum Strand genächtigt und ist dabei des nächtens eine Stufe abgestürzt und hat sich den halben Rücken aufgeschlagen. Somit konnte er auch nicht am mittäglichen Fußballspiel gegen das Campingplatzpersonal (drei gegen drei) teilnehmen. Auf jeder Seite 2 Stühle als Tor, wir haben 10:9 gewonnen (ich habe 9 Tore geschossen, der Max eins) und ein Cola gekriegt. Aber wir waren wieder fit; fitter als die zwei, die nicht mitgespielt haben.

Wir sind irgendwann aufgebrochen und in Ephesus angekommen. Eine (auch damals schon) sehr gut dokumentierte antike Stadt, von der zwar nur noch Überbleibsel stehen, aber gerade noch so viele, dass man sich was vorstellen kann. Außerdem bekamen wir damals illustrierte „Stadtpläne“ in die Hand, so dass man sich ein gutes Bild machen konnte. Sehr beeindrucken. Trotzdem hatten wir jetzt das Bedürfnis nach Meer. Ölü Deniz (Totes Meer) heißt eine Bucht bei Fethiye. Da wollten wir hin. Irgendwie haben wir die falsche Abzweigung erwischt und sind eine Straße entlang gefahren, die immer enger und „wilder“ wurde. Vorbei an einem verlassenen Dorf. Abenddämmerung noch dazu. Wir hatten auf dem Anhänger die Enduro vom Pit. Runter damit und der Pit hat den Weg erkundet. Eine halbe Stunde später kam er wieder und sagte, da geht nix! Irgendwann haben wir die Bucht gefunden und das ausprobiert, was uns der Wasserpfeifenverkäufer in Izmir empfohlen hat. Wein statt Wasser in die Pfeife. Zwei Wasserpfeifen, Wein, Pfeifentabak hatten wir im Auto. Das gibt einen ziemlichen Fetzen praktisch ohne Nachwehen. <Rauchen schadet der Gesundheit, Alkohol auch>

Von Ölü Deniz bis Antalya ist es nicht mehr so weit, also hin! Etwa 40 km vor Antalya liegt ein damals recht unbekannter Ort namens Kemer. Da war das Meer und ein Campingplatz. Also haben wir uns niedergelassen und Kemer erlebt, wahrscheinlich im Jahr 1 vor der Touristeninvasion. Vom Campingplatz in die Stadt war es ein ordentlicher Fußmarsch, auf dem wir unsere besten Freunde während der ganzen Reise kennengelernt haben. Wir wanderten und wanderten, als plötzlich von einem Haus auf der rechten Seite Leute gerufen haben. Wir sind hin, die haben irgendwas gesagt, wir auch. Verstanden hat niemand was, aber wir sollten hereinkommen auf die Terrasse. Einer konnte ganz wenig österreichisch, der Rest nur türkisch. Und trotzdem haben wir den ganzen Nachmittag und Abend dort verbracht. Sie hatten Bier und Wein, besorgten Lahmacun (türkische Pizza) und wir hatten eine Riesengaudi. Nebenbei haben wir mitgekriegt, dass einer von ihnen, die alle aus Istanbul waren, türkischer Meister im Kung Fu ist. Und seit 10 Jahren ungeschlagen. Im ersten Moment hätte man ihn als einen beleibten, gemütlichen Typen eingeschätzt, der er ja auch war. Aber ein paar Vorführungen haben uns überzeugt, dass wir einen türkischen Sportstar vor uns haben.

Wir hatten die ganze Zeit die Absicht, unserem Mercedes-Bus (weiß mit grünem „Brustring“) einen neuen Anstrich zu gönnen. Wie weiß ich nicht mehr, aber irgendwie ist es uns gelungen, diesen Wunsch unseren Gastgebern mitzuteilen. Da sagt der türkische Kung-Fu-Meister: Des machma! Morgen kommts vorbei, dann fahrma nach Antalya. Am nächsten Tag sind wir erschienen, der Kung-Fu-Meister steigt ein und mit ihm zehn Leute, die auch alle nach Antalya mussten. So geht das in der Türkei. In Antalya sind erstmal die Fahrgäste ausgestiegen und wir sind ins Handwerkerviertel, und da in die Straße der Autolackierer gefahren. Kwai Chang Caine, wie wir ihn nannten, vereinbarte für uns einen guten Preis und der Karren wurde mit geschwungenen gelben und roten Streifen auf weißem Grund neu lackiert.

Mit diesem nun auch äußerlich ansprechenden Gefährt machten wir uns auf den Weg durch das Landesinnere des westlichen Anatolien Richtung Istanbul. Über Berge, durch grüne Täler ging es in Gegenden, die nie ein Tourist zuvor gesehen hat. Nach Egedir zum Beispiel. Der See von Egedir war bekannt für seinen Fischreichtum und seine zahlreichen Fischrestaurants. Allerdings wurden wir enttäuscht. Der Wirt eines solchen Lokals sagte uns, dass seit kurzem der See durch ausgelaufenes Wasweisich tot ist. Es gibt zwar Fisch, aber nicht aus dem See. Dann haben wir halt mitten im Landesinneren Meeresgetier gegessen. Wir sind seit geraumer Zeit schon getrennt gefahren. Der Pit mit der Enduro voraus, der Rest mit dem Mercedes-Bus und Anhänger hinterher. Als Treffpunkt haben wir immer den Ortseingang eines Dorfes auf der Straßenkarte gewählt. Ein Fahrtabschnitt war allerdings so lang, dass der Pit, wie er glaubte, mindestens eine Stunde auf uns warten musste. Also suchte er sich ein Lokal. Als wir ankamen, war am Ortseingang kein Pit. Wir fuhren langsam weiter bis wir einen Einheimischen sahen, der uns beidarmig winkte, und blieben vor einem Café stehe. Da öffnete ein anderer die Tür und stieg ein, um uns zu umarmen und zu küssen. „Arkadas, Arkadas!“ (Freund) sagte er zu jedem von uns und schmatze uns links und rechts eine hin. Der Duft von Raki lag in der Luft. Der Wirt von diesem Café überredete ihn dann, nach Hause zu gehen, weil er schon geschlossen hat. Der hat den Laden zwar dicht gemacht, aber nur, um den Rakidimpfl zum Heimgehen zu bewegen, was auch geklappt hat. Kaum war der weg, war das Café wieder auf und der Pit ist hinter einem Werbeplakat hervorgekommen. Eine sehr lustige Begebenheit.

Istanbul – ein schöner Moloch! Mit der Beschaulichkeit der türkischen Provinz war es vorbei. Istanbul ist eine Welt für sich. Mehrere Welten in einer sogar. Bars und Diskotheken mit Mädels in Miniröcken, Teehäuser mit Wasserpfeife rauchenden Männern. Und auf den Straßen mischt sich alles. Vor allem der Straßenverkehr ist zum Verzweifeln. Die Hagia Sophia, die Galata-Brücke, die Blaue Moschee, das muss man allerdings schon gesehen haben. Und sehr offene und freundliche Leute, wenngleich es auch hektisch zugeht wie in jeder Mehrfachmillionenstadt.

Irgendwann haben wir die Heimreise über Bulgarien und Jugoslawien angetreten und wollten eigentlich über den Loiblpass nach Österreich fahren, weil der Wurzenpass für Fahrzeuge mit Anhänger gesperrt ist. Zu spät merkend, dass mein kartenlesender Beifahrer Günter, der mich auf die Abzweigung zum Loiblpass aufmerksam machen sollte, sich dem Schlaf hingegeben hat (aber in der Haltung eines aufmerksamen Kartenlesers), waren wir auch schon im Einstieg zum Wurzenpass. Werd scho guadgeh, dachte ich mir. Es ging auch solange gut, bis der Anhänger mit dem Motorrad, die Steigung und die geringe PS-Zahl des schneidig lackierten ehemaligen Wäschereifahrzeugs dem Weiterkommen beinahe eine physikalische Bremse verpasst hätten. Eine endlose Fahne an Fahrzeugen hinter einem und dann stehenbleiben (und vielleicht noch zurückrollen) kurz vor der Passhöhe. Merci! Glücklicherweise hat im letzten Moment vor dem Super-GAU die Steigung soweit nachgelassen, dass wir rollend die Grenze erreichten. Wir mussten nicht einmal Strafe zahlen, obwohl wir das eigentlich verdient hätten. Am nächsten Tag erreichten wir München und schworen uns, nie mehr 7.000 km mit diesem Gefährt innerhalb drei Wochen zurückzulegen.

(Im nächsten Jahr waren es 9.000 km nach und durch Marokko)

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Reiseberichte


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