Iceland Mai 2012 - Ein Bericht (Forum)

Clarence, Tuesday, 29.05.2012, 11:50 (vor 4358 Tagen)

Am Vatertag gings los nach Island. Die Entstehungsgeschichte war eigentlich schon außergewöhnlich. Der Peter saß mal wieder –wie so oft- zum Kaffeetrinken bei mir im Büro. Nachdem die bei ihm in der Firma von August bis Dezember Urlaubssperre haben, hat er sich darüber beschwert, dass er quasi seinen ganzen Urlaub in der 1. Jahreshälfte nehmen muss und damit mehr Freizeit hat, als er beim besten Willen haben möchte. Also wurden wir uns schnell einig, dass wir ja eine Woche mal wieder wegfahren können, damit wäre zumindest ein Anfang gemacht in Sachen Zeit totschlagen. Ich wäre ja eigentlich für die Halbinsel Krim gewesen, oder Sardinien, Sizilien…ach was weiß ich. Aber der Peter ist davon genauso zu begeistern, wie die Isarsidefirm von alkoholfreiem Bier. Also musste es wohl wieder in den Norden gehen. Letztes Jahr war ich mit dem Peter ja schon in Stockholm und Dublin. Diesesmal will er aber nach Island. Mein Einwand, dass Island sauteuer sei, wurde ziemlich schnell entkräftet, als ich bei AirBerlin einen Flug für ca. 220 € hin und zurück gefunden habe. Da hab ich eigentlich mit deutlich mehr gerechnet. Mein nächster Einwand, dass ein Mietwagen wahrscheinlich auch nicht billig ist, wurde auch entkräftet. Für 230 Flocken gibt’s einen Polo oder vergleichbares für eine Woche. Der Peter war jetz nimmer zu bremsen uns so wurde spontan gleich gebucht. Uns war schon klar, dass Island im Allgemeinen nicht als Ort gilt, an dem das Bier für ein Fuchzgerl aus den Leitungen läuft, aber nachdem Flug und Auto so günstig waren, kann man das schon akzeptieren. Ein lonely-plaet wurde von mir auch schon bald geordert, um sich auf die Insel vorzubereiten. Der Peter konnte sich damit nicht beschäftigen, denn aufgrund seiner vielen Freizeit hat er im Mai noch seinen Jagdschein gemacht, weshalb er für Reisevorbereitungen keine Zeit hatte. Ich hab dann nach einem Blick auf die Karte geplant, dass wir in einer Woche doch die Insel einmal umrunden können. Des müsst sich schon ausgehen. Ein Spezl, der vor 2 Jahren dort war, wollte zunächst meinen Plan ins absurde ziehen und teilte mir mit, dass er seinerzeit in 2 Wochen nur die Südküste geschafft hat. Allerdings machte er auch u.a. eine dreitäge Wanderung auf einem Gletscher usw. Da gefällt mir eine dreitägige Kneipentour schon besser, dachte ich mir und blieb bei meinem Plan. Ohne zu wissen, was uns genau erwartet (weil ich den Reiseführer nicht mehr angeschaut hab), gings also am Vatertag los. Den Peter sollte ich um 16.30 abholen. Ich war auch pünktlich da, aber der Peter war ziemlich fertig. Er hatte den Vormittag und frühen Nachmittag auf einer Vatertagsfeier verbracht und schon 8-9 Kolben vom Gerstensaft intus. Egal, auf geht’s!
Nach einem angenehmen Flug dann die ersten Zweifel an der Gepäckausgabe. Was san denn des für Leit? Entweder waren die anderen Passagiere, die auf ihre Koffer und Rucksäcke warteten allesamt Theologiestudenten im 19. Semester (fehlte nur noch, dass jeder eine Gitarre dabei hat und gemeinsam Laudato si gesungen wird) oder Typen, die sich wie der Walker Texas Ranger verkleidet haben. Was glauben die denn, was an einem Flughafen is? Dschungel, wilde Tiere oder Anja-Tanjas? Mit ihren Knickerbocker Outdoor-Hosen, dem Bundeswehr-Funktionspullis und australischen Outback-Hüten sahen sie jedenfalls geil aus. Die wenig normalen Gäste fielen dadurch auf, dass sie sich im Duty-Free mit Alk eindeckten. Beim Blick auf die Preistaferl merkten wir auch, warum. Einen Euro kostete dort die Halbe ungefähr. Nachdem im Handgepäck noch a bissl Platz war, brachten wir 24 Dosen dort noch unter und bekamen kurz darauf eine Hyundai i 30 zugewiesen. Da es eh schon fast am Morgen war, legten wir uns nur für 2-3 Stunden im Auto hin und studierten ab 06.30 dann mal den Reiseführer. Was mach man heit? Da wir am Abend in Reykjavik auf die Piste gehen wollten, brauchten wir uns nicht viel vorzunehmen. Also machten wir den Golden Circle. Geysir, Gullfoss-Wasserfall usw. Pünktlich am späten Nachmittag waren wir dann in der Hauptstadt, um uns eine Unterkunft zu suchen. Die erste Anfrage war gleich ein Volltreffer. Eine Pension in der Innenstadt für 45 € war perfekt. Also gleich mal rein ins Zimmer, 2-3 Dosen Bier vernichtet und dann die Stadt angeschaut. Irgendwann gegen 8 blieben wir dann in einem Pub hängen und der Abend endete schon früh gegen 23.30, weil der Peter am Tresen die Augen nicht mehr offen halten konnte. Ein Fehler, wie sich herausgestellt hat. Wir haben uns gewundert, dass in der Stadt nirgendwo was los ist. Ein paar Tage später haben wir erfahren, dass die Isländer erst so um 0 bis 1 Uhr anfangen mit dem Weggehen. Egal. Die Tour ging auf jeden Fall weiter und bereits am Abend des 2. Tages hatten wir schon über 600 km auf dem Auto – und auch kein Bier mehr. Zudem konnten wir das Zelt auf Campingplatz nicht aufstellen, weil der extreme Wind dies einfach unmöglich gemacht hat. Und weil das Örtchen Vik wirklich total vervikt ist, sind wir noch ewig weiter gefahren. Es war ja hell. Im Radio lief das Champions-League Finale, aber ich habs nicht wirklich mitbekommen. Die sprachlichen Barrieren konnten auch durch enormen Biereinsatz nicht überwunden werden. Jedenfalls kamenwir dann gegen 10 oder so endlich in Höfn an und mussten erstmal tanken. Mir war laut dem Radio eigentlich nur klar, dass es Verlängerung gibt. Und tatsächlich lief im Fernseher der Tanke grade das Elfmeterschießen und ich hab das wichtigste mitbekommen. Nämlich alle Elfer ab dem Lahm. Die 2 oder 3 Isländer, die in der Tanke saßen waren zwar überrascht, dass ich gegen die Deutschen bin (erkannbar am Jubel nach dem Drogba Penalty), aber ein Batterie an allen mir verfügbaren englischen Schimpfwörtern ließ sie schnell verstummen. Der Tag war also gerettet. Nachdem ich freudetrunken keinen Bock mehr auf Zeltaufbauen hatte, und wir den Campingground eh nicht auf Anhieb gefunden hatten, hieß es mal wieder. Scheißt da nackerte Hund drauf, Sitz zurück und im Auto pennen. Das Ergebnis des Finales lies mich in einen angenehmen Schlaf fallen. Dass am Sonntag alle staatlichen Alk-Läden zu haben war klar, also blieben wir am 3. Tag mal zur Abwechslung trocken und rissen wieder viele Kilometer auf den Straßen und Gravel Roads runter. Und zelteten zum ersten Mal in dieser Woche. Die Nacht war nicht einfach. Nüchtern schläft es sich ja bekanntermaßen nicht so gut und der Harte Boden war doch ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Ich hab zwar in den letzten Jahren zwar schon ein paar mal gezeltet, aber jedenfalls tat mir am nächsten Morgen ziemlich alles weh. I glaub, i werd oid. Zum Entspannen gingen wir dann in das örtliche Schwimmbad von Egilstadir, was sich als hervorragende Idee herausstellt. Relaxt kehrten wir danach in der staatlichen VinBud ein, deckten uns mit Biervorräten neu ein und starteten weiter. Mittlerweile waren wir schon bei der Hälfte der Strecke angelangt, weshalb wir alles nicht mehr so eng nahmen und keinen Zeitdruck o.ä. verspürten. Die „Hauptstadt des Nordens“ Akureyri hat uns enttäuscht. Alle im einsamen Planeten angegebenen Boazn hatten geschlossen. Ein Rundgang durch die Stadt zeigte, dass wohl alle Lokalitäten erst am Freitag wieder ihre Pforten für durstige Reisende öffnen. Also fuhren wir noch weiter nach Saudakrokur. Dort wurden wir am Campingplatz Zeugen vom allabendlichen Cruisen der örtlichen Jugend. Die setzen sich ernsthaft jeden Abend in ihre Autos und fahren stundenlang Dorfrunden. Machne Karren haben wir 50 oder 60 mal gesehen. Wir haben uns am Campingplatz in der Zwischenzeit mit anderen Touris abgegeben, welche aber nicht unser Fall waren. Die restlichen Tage waren auf jeden Fall allesamt nicht schlecht und wir haben rechtzeitig Reykjavik wieder erreicht. Das Nächtigen im Zelt war kein Problem, man gewöhnt sich schon nach der 2. Nacht daran. I wer also doch no net oid. Ein bisschen mehr als 2.500 km haben wir geschafft. Aber was heißt geschafft? Wir hatten ja kein festes Ziel oder so, wenn wir nur halb um die Insel gekommen wären, wäre es ebenfalls in Ordnung gewesen. Falls jemand auf die Insel möchte würde ich 10 oder 14 Tage empfehlen. Dann hat man einfach noch mehr Zeit und kann auch mal einen halben Tag irgendwo hängen bleiben. Und wer nicht gerade dem Walter Röhrl Konkurrenz machen will, der braucht auch keinen scheißteuren Geländewagen mieten. Ein normales Auto tuts für 80% der Straßen auch.Den Abschluss bildete jedenfalls ein Besuch in der Blauen Lagune. Zugegebenermaßen eine Abzocke an den Touris, aber wir hatten Zeit und noch Isländische Kronen. In der Blauen Lagune hörten wir dann auch noch einen wahnsinns-Satz von einer deutschen Besucherung in den Siebzigern: „Ich glaube – ohne einen Besuch der Blauen Lagune ist Island nicht Island.“ Scho klar, sondern eher Mauretanien, oder was?

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Reiseberichte


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