Samstag kurz nach dem Mittagessen breche ich mich dem Trödelweltmeister (von Celtic an anderer Stelle als laimerloewe II tituliert), einem Gummidinosaurier, einer Tüte Reiswaffeln mit Heidelbeergeschmack, einer Breze, einer 0,5l PET-Wasserflasche und 2 Halben August in Richtung Grünwalder Stadion auf. Der Trödelweltmeister macht seinem Namen alle Ehre, so dass die erste Halbe (bei der Hitze!) bereits kurz vor Erreichen der U-Bahnstation geleert ist. In der U-Bahn gesellen sich weitere exakt gleiche Reisegruppen zu uns. Väter Ende 30 – Mitte 40 mit feuchten Augen, die Kinder im zwischen 3 und 6 Jahren das erste Mal zur ersten im Grünwalderstadion mitnehmen. Es entspinnt sich Samlltalk, Tenor: unglaublich, dass man das noch erleben darf.
Umsteigen am Harras, weitere Löwen (mit und ohne Kinder) warten auf den Bus. Bereits in der U-Bahn, sah ich mehr Löwen als ich jemals vor einem Spiel in der AA in öffentlichen Verkehrsmitteln gesehen habe. Nicht dass ich da hingefahren wäre, aber wir wohnen halt an der U6 und sind oft samstags Vormittag in die Stadt gefahren, wenn die Roten nicht gespielt haben. An Spieltagen von denen meide ich mittlerweile öffentliche Orte, d.h. z.B. der Viktualienmarkt ist dann tabu!
Während der Busfahrt bin ich erstaunt, wie viel Menschen in Löwenkluft in Richtung Stadion unterwegs sind. Auf dem Radl, zum Fuß, im Auto (kommt´s öffentlich!), der Bus wird immer voller, ganze Fanbusse sehen wir auf Parkplatzsuche, weil der Candidberg ca. 1h vor Spielbeginn mit weiß-blauen Bussen mit Nummernschildern von Traunstein über Deggendorf bis Augsburg schon vollgeparkt ist. Dann Ausstieg an der Tegernseer Landstr., wir reihen uns in den Flow der Weiß-Blauen ein. Der Junior ist überrascht ob der Menschenmengen, er kannte bisher nur Ama-Spiele.
Warten an der Ampel, ein lautes „auf die Löwen, auf die Löwen Prost“ erschallt aus der Gruppe. Der Kleine erschrickt, ob der Laustärke und fängt an zu weinen. Während wir die Straße überqueren, erkläre ich ihm den Sachverhalt. Vorm Eingang zur Gegentribüne zückt er seine PET-Wasserflasche und schreit „auf die Löwen, auf die Löwen Prost“. Ich stoße mit meinem letzten Norgerl mit ihm an.
Eintritt ins Stadion, selbst das noch nicht mal 4-jährige Kind wird abgetastet, dafür dürfen wir die PET-Flasche mit ins Stadion nehmen. Wir nehmen unsere Plätze ein, das Stadion ist noch ziemlich leer. Die zwei Maskottchen Löwen sind auf dem Platz und sorgen für Belustigung beim Sohn. Ich hätte nicht gedacht, dass die so eine Wirkung auf Kinder haben.
Vor dem Anpfiff nochmal schnell schiffen (der Papa musste, nicht der Sohn), auf dem Rückweg den Bomber an Platz 1 der Schlange am Kiosk entdeckt. Die Chance wird eiskalt genutzt und eine Runde Bier geholt. Zurück am Platz sind weitere Kinder in unserem Umfeld angekommen und sie freunden sich an. Haben lustigerweise fast alle dasselbe T-Shirt an.
Das Spiel beginnt, mein Sohn ist vorher hocherfreut über den Sechzgermarsch, den er sofort erkennt und er versucht mitzusingen. Er ist nun etwas mehr gelangweilt, weil die lustigen Maskottchenlöwen nicht da sind. Trotzdem folgt er dem Spiel einigermaßen und freundet sich mit dem volltätowierten Hipster neben uns an. Die Stimmung finde ich trotz des etwas zähen Spiels (Ochsenheim hat echt stark gespielt) recht gut.
Halbzeit, Vater und Sohn müssen eigentlich auf´s Klo. Das ist leider in der Halbzeit undenkbar… Hier müsste man evtl. noch irgendwie nachbessern (wie auch bei den Kiosken – wieso sind die Richtung Block M und L alle geschlossen?). Die Kinder sind abgelenkt und tauschen Reiswaffeln gegen Butterkekse, ebenfalls wird der Gummidino stolz dem ein oder anderen präsentiert. Um die 60. Minute hält es der Sohn nicht mehr aus und wir versuchen unser Glück bei den Klos. Wir haben freie Bahn und am Getränkestand ist auch nix los. Also noch ein paar Bier nachgeladen, wenn schon niemand ansteht. Mein Vorsatz, als Erziehungsberechtigter alles im Griff zu haben und max. 4 Bier zu trinken, ist hiermit ad acta gelegt…
Die letzten 20 Min. laufen, der Support ist beeindruckend, finde ich. Es wird oft gestanden. Das ist für den Kleinen teilweise nervig, weil er dann nix sieht und hochgehoben werden will. Die Reaktionsschnelle des Vaters lässt hie und da zu wünschen übrig und der Bub reagiert mit lautem Weinen (zu recht…). Dann die entscheidende Ecke, er ist auf meinem Arm und das Stadion schreit den Ball ins Tor. Ich glaub, er hat es nicht wirklich mitgekriegt, aber er freut sich trotzdem. Danach ist die Stimmung auf der Gegengerade unglaublich. Bei „wer nicht hüpft, der ist ein Roter“ springt der Kleine im Kreis auf seinem Sitz hin und her. Der Papa bekommt sehr, sehr feuchte Augen vor Freude…
Dann der Spielzug zum 2:0, ich habe das Gefühl, dass das Stadion in den Sekunden vor dem Tor in die Luft fliegt. Die Leute flippen komplett aus. Ich auch, das ist wirklich der absolute Wahnsinn. Das ist SECHZIG!!! Ihr könnt Euch nicht vorstellen, was es für mich bedeutet, dass ich meinem kleinen Sohn das zeigen kann. Das hatte ich für den Rest dieses Lebens einfach für ausgeschlossen gehalten.
Dann die Ehrenrunde, der Chant „Einmal Löwe, immer Löwe, hey hey!“ erweckt Interesse beim Sohn. Er will wissen, was das „hey, hey“ bedeutet. Das konnte ich ihm bisher noch nicht ausreichend erklären… Versmaß ist keine akzeptable Erklärung für ihn.
Nach dem Spiel noch ein Bierchen im Schau ma moi. Es werden zwei. Laimerloewe II gesellt sich ohne Berührungsängste unter das biertrinkende Volk und verlangt nach einem Eis. Es stellt sich heraus, dass schräg gegenüber tatsächlich „schon immer“ - wie mir Anwesende versichern - eine Eisdiele ist. Die ist mir tatsächlich in > 30 Jahren TSV 1860 noch nie aufgefallen…
Im Bus treffen wir noch einen Vater mit Kind aus unserem Block und fahren gemeinsam glücklich heim. Etwa zeitgleich gehen Vater und Sohn zu Bett…
Ich kann es nur nochmal wiederholen: Es ist einfach unglaublich, dass man diese einzigartige Atmosphäre noch einmal erleben kann. Wenn man dann noch in der unschätzbar glücklichen Lage ist, das seinem Kind zeigen zu können, wird es einfach nochmal ein ganzes Stück emotionaler. Außerdem erwacht der Löwe in München in wieder. Seitdem die Rückkehr klar ist, sieht man viel mehr Menschen mit Löwenwappen etc. durch die Stadt gehen und ich bilde mir ein, dass der Löwenstolz wieder vollkommen neu erwacht ist. Liebe kennt keine Liga! Einmal Löwe, immer Löwe, hey hey!